EINBLICK in die Vitrine – EIN BLICK in Bücher – RÜCKBLICK
Bücher, das Symbol für Bildung, Selbstständigkeit und Freiheit, Spiegel der Gesellschaft, im Inhalt und in der Aufmachung.
Bücher spielen in der Marienschule eine große Rolle. Die Vitrine am Eingang der Bücherei macht dies deutlich. Wer sich ein wenig Zeit nimmt und die Schätze einmal in Ruhe ansieht, erfährt eine Menge über die Geschichte und unsere Schule.
Zum Beispiel findet man fünf Lexikonbände:
- Herders Konversations-Lexikon, Freiburg Ergänzungsband von 1920 im längst aus der Mode gekommenen Einband
- Meyers Lexikon, Auflage 1924
- Der große Herder, typischer Leinenenband der dreißiger Jahre
- Brockhaus Lexikon, Atlasband von 1937
- Brockhaus, 19. Aufl. 1994 (erste 1808 in Amsterdam).
Sowie die
- Sammlung Göschen,
4 Bändchen (1902 – 1920) der berühmten Reihe, die alle Wissenschaften von der Theologie bis zur Mathematik behandelte. Auch sie waren von großer Bedeutung für die Weiterbildung und Vorbereitung der Lehrer.
Die Inhalte des (Deutsch-)Unterrichts spiegeln sich in zahlreichen Büchern der Vitrine wider, z.B. in dem mit einem typischen Pappeinband der Biedermeierzeit versehenen Werk von
- August von Platen (1796 – 1835), „Gesammelte Werke“, 1843
Der Autor ist bekannt durch seine Auseinandersetzung mit Heinrich Heine. Während Heine sich von der Romantik abwandte, setzte er sich ironisch mit den Dichtern spätromantischer Genres auseinander, was Platen – der sich durch die wachsende Popularität Heines in seinem literarischen Einfluss zurückgedrängt sah – auf sich bezog (vgl. Wikipedia). v. Platen diffamierte Heine wegen seiner jüdischen Herkunft, woraufhin Heine die Homosexualität v. Platens öffentlich machte – solche öffentlichen Streitereien gab es also auch schon früher!
Wenn auch heute v. Platen nicht mehr sehr bekannt ist, war der Dichter in der Mitte des 19. Jh. noch Gegenstand des Interesses, so dass seine Werke neben denen Heinrich Heines im Bestand unserer Bücherei die damalige literarische Aktualität belegen.
Auch die Bücher mit den schön gestalteten roten Einbänden der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg belegen Unterrichtsinhalte:
- „Aesop’s Fabeln“, London ca. 1910, Einband im engl. Jugendstil
- „The Fables of Aesop“, London o.J.
Die älteste Fabelsammlung läuft unter dem Namen des Griechen Aisopos (ca. 500 v.Chr.). Die Fabeln wurden in alle europäischen Sprachen übersetzt und sind bis heute Unterrichtsgegenstand.
- Annette von Droste-Hülshoff „Gesammelte Schriften“, Stuttgart, ca. 1890
Diese Schriftstellerin, Vertreterin des Biedermeier, ist vielen heute noch bekannt als Autorin der Novelle „Die Judenbuche“. Ihre Gedichte thematisieren „die Zerrissenheit des Menschen zwischen aufgeklärtem Bewusstsein und religiöser Suche“.
- C.F. Meyer „Novellen“, Leipzig 1900
- J.W. Goethe „Werke“, 2. Abteilung, Band 11, Leipzig 1924
- F. Schiller „Feuertrunken. Eine Dichterjugend“, Schillers Briefe bis zu seiner Verlobung, München 1909
Goethe und Schiller sind DIE Vertreter der Klassik schlechthin und durften natürlich im Repertoire der Deutschlehrer auch einer höheren Töchterschule nicht fehlen.
Für die Französischlehrer gab es
- Choix de Poésies françaises („Strauß französischer Gedichte“), Bielefeld 1911
mit einem typischen Jugendstil-Einband.
- Wilhelm von Kügelgen „Jugenderinnerungen eines alten Mannes“, Berlin 1885
ist allerdings eher dem Humor eines Sammlers zu verdanken, ebenso wie
- S. Flatow „Das große Buch der Polterabend- und Hochzeitsscherze“, Berlin 1910
Geschichte und Sachkunde waren natürlich ebenfalls Unterrichtsgegenstände:
- Gustav Freytags „Bilder aus der deutschen Vergangenheit“,
die in 5 Bänden vertreten sind und 1912 in Leipzig herausgegeben wurden, geben einen guten Einblick in die damalige Zeit. Er sammelte – als Vorarbeit für seine historischen Romane – zeitgenössische Berichte über das alltägliche Leben der Deutschen. Seine Romane (z.B. „Die Ahnen“) waren Best- und Longseller.
- Carl Sternheim „Europa“, Roman, München 1919/20
- Offizieller Führer durch Kairo
Auf der Gewerbeausstellung zu Berlin, 1896, wurde u.a. ein Teil der Altstadt von Kairo nachgebaut. Der Führer enthält zahlreiche farbige Bilder.
- „Andrees Handatlas“ in 91 Haupt- und 86 Nebenkarten, Bielefeld und Leipzig 1893
Groß und sehr schwer ruht dieses Werk ganz unten rechts in unserer Vitrine und macht richtig Eindruck (und hat noch große „weiße Flecken“ auf den Afrika-Karten).
Bei unserem ältesten Buch, ganz oben links, jedoch muss man erst genau hinsehen:
- Bernhard von Clairvaux: 73 Predigten für seine Schwester, Konstanz 1599
Renaissance-Einband aus gepunztem Schweinsleder – Die Predigten des heiligen Bernhard waren seit dem Mittelalter berühmt und wurden weit verbreitet, so dass sie auch für die Ordensschwestern der Schule und die Seelsorger der Gemeinde von großer Bedeutung waren.
Wie die Schule in den Besitz dieses kleinen alten Buches gelangte, ist leider unbekannt. Wenn man bedenkt, dass der Buchdruck mit Johannes Gutenberg in der Mitte des 15. Jh. seinen Anfang nahm, wird das Besondere dieses Werkes überdeutlich. Der hl. Bernhard von Clairvaux starb 1190, so dass mit dem Buch sein Nachlass für die Zukunft festgehalten werden sollte. Dass das Leder gepunzt ist bedeutet, dass es mit einem Schlagstempel verziert ist. Wir kennen das heute noch von Schmuck, der auch gepunzt wird: Z. B. bedeutet der Stempel „333“, dass mind. 333 Teile des Metalls aus reinem Gold bestehen. Das Typische für die Renaissance stellen die figürlichen Motive auf dem Buchdeckel dar. Ein Bezug zum Inhalt des Buches war dabei relativ selten.
Noch weiter zurück datieren das
- Antike Gefäß (aus der Töpferscheibe geformt) – dessen Herkunft unbekannt ist;
möglich, dass es aus dem Besitz einer der Ordensfrauen stammt oder es eine Schenkung eines dankbaren Opladeners an die Schule war; und die
- Urne aus der Hallstattzeit (700 – 450 v. Chr., ältere Eisenzeit)
mit Ritzdekor. Die Scherben wurden beim Bau der Schulkapelle um 1929 ausgegraben und im Bonner Landesmuseum wieder zusammengesetzt. (Das Gefäß wurde ohne Töpferscheibe geformt.)
Das Schul-, Internats- und Klostergebäude wurde nach dem Ersten Weltkrieg rasch zu klein. Immer mehr Mädchen wurden für den Unterricht angemeldet. Auch die katholische Gemeinde in Opladen wuchs, so dass man beschloss, eine eigene Kapelle für die Schule zu bauen. Daher ist die Schule auch im Besitz mehrerer Messbücher, von dem eins ausgestellt ist:
- Messbuch aus der Schulkapelle, Regensburg 1930
mit einem zeittypischen Buchschmuck im „romanisch-expressionistischen“ Stil.
Für die Heilige Messe hatte man natürlich Gebetbücher:
- „The Garden of the Soul“, London 1878
Da es immer auch Schwestern gab, die zunächst im Ausland Dienst taten, gab es auch früher schon englische Gebetbücher in der Schule.
- „Freude in Gott“, ca. 1880, 17. Aufl.
- „Blüthen aus dem Paradiese der Kirche“, Dülmen 1888
- „Andenken an die hl. Osterkommunion in der Rektoratskirche zu Immigrath“, 1890.
Solche „Bildchen“ wurden Ostern an die Kommunikanten verteilt und in die privaten Gebetbücher gelegt.
Da im Unterricht auch auf einer kirchlichen Schule andere Religionen Thema sind, findet man auch
- „Einführung in die objektive Interpretation des unübersetzbaren Textes des heiligen Koran“, Tunis 1981